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Das Opfer gehört zu den ursprünglichsten Lebensformen jeder Religion. Indem der Mensch das Liebste und wertvollste (bis hin zum Leben des eigenen Kindes) der Gottheit hingeben und darbringen will (Darbringung, lat. Offertorium, davon das deutsche Wort Opfer abgeleitet), bekennt er, wie tief er sich seinem Gott verschuldet und verpflichtet weiß; trotzdem haftet allem solchen Opfer ein Moment des Uneigentlichen, des Ersatzes und der Stellvertretung an. Darum enthält das Alte Testament neben einander die genauesten Opfergebote und die leidenschaftlichsten Warnungen vor einem Opferkultus, der den sittlichen Gehorsam verdrängt (z. B. Jes. 1, 10 ff.). In Christus ist aller Opferdienst vollendet und überwunden, weil er als der wahre Priester in reinem Gehorsam sich selbst zum Opfer bringt (Eph. 5, 2). Dieses eine und vollkommene Opfer Christi ist der Grund unserer Rettung (Seligkeit) und zugleich das Urbild unseres eigenen Opfers, nämlich daß wir uns selbst mit Leib und Seele in den Dienst der Liebe stellen, „was sollen wir denn opfern? Uns selbst und alles, was wir haben, mit fleißigem Gebet, wenn wir sagen: Dein Wille geschehe auf der Erde wie im Himmel. Hiermit sollen wir uns dargeben dem göttlichen Willen, daß Er aus uns mache, was Er will nach Seinem göttlichen Wohlgefallen.” (Luther) So verstanden ist alles im christlichen Gottesdienst, von der Kollekte bis hin zu Gebet und Bekenntnis, zugleich ein geistliches Opfer, unzertrennlich verbunden mit dem Opfer der tätigen Bruderliebe. Das unverbrüchliche Lebensgesetz des Opfers, im Gedächtnis der blutigen Opfer des Krieges neu erfahren, wird dort in seiner höchsten Gestalt erfüllt und bewährt dort seine stärkste Kraft, wo es in reiner Liebe Gott dargebracht wird; das Zeichen dieses Opfers ist das Kreuz. „Indem mit dem Abendmahl Jesu Opfer für uns wirksam wird, werden auch wir zu unserem Opfer berufen, ermächtigt und geheiligt. Das erste Opfer, das wir Gott darzubringen haben, ist unsere Danksagung (Eucharistie), durch die wir die göttliche Gnade anbeten und uns zu ihrem Werk bekennen.” (A. Schlatter) Das Gottesjahr 1941, S. 88-89 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-05 |