|
Das Wesen des Priesters läßt sich nicht aus dem deutschen Wort (von presbyteros = der Älteste) verstehen, sondern eher aus dem lateinischen pontifex - Brückenbauer. Der Priester baut eine Brücke über die Kluft, die Gott und Mensch voneinander trennt und übt also immer sein Amt als Vermittler und Stellvertreter. Der Priester handelt kraft göttlichen Auftrags und göttlicher Vollmacht an den Menschen; aber vor allem steht er vor Gott als Stellvertreter und Anwalt der Menschen, mit denen er verbunden ist. Er bringt stellvertretend die Opfer dar, die das Volk Gott schuldet, und bindet durch seinen Dienst die Menschen immer neu an Gott. Die christliche Kirche sieht in dem Werk Christi, der Priester und Opfer (Lamm Gottes) zugleich ist, den vollgültigen priesterlichen Dienst an der Menschheit; das 17. Kapitel des Johannes Evangeliums spricht in der Form des Gebetes von dem innersten Geheimnis dieses seines priesterlichen Amtes („Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit”); der Hebräerbrief beschreibt in Bildern und Gedanken, wie durch Christus das alttestamentliche und überhaupt jedes kultische Priesterwerk erfüllt und überwunden ist. Aber in dieses Priestertum des neuen Bundes sind alle Christen mit hineingenommen; sie sind alle zu Priestern geworden, zu dem priesterlichen Amt berufen, geistliche Opfer darzubringen, nämlich sich selbst, ihr Herz und ihr Leben in der Hingabe an Gott und an die Brüder. Diese Verantwortung der Christen füreinander ist das eigentIiche Wesen des „allgemeinen Priestertums”. Wenn also auch die Teilnahme an dem priesterlichen Amt Christi keineswegs auf die Träger des geistlichen Amtes beschränkt ist, so ist doch die Bereitschaft zu diesem geistlichen Priestertum die unentbehrliche Voraussetzung alles des, was dem Pfarrer in seinem besonderen Beruf anvertraut und befohlen ist. Das Gottesjahr 1941, S. 96 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-05 |