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Beichte

Die christliche Kirche hat es zu allen Zeiten als ein wichtiges Stück ihres Auftrags und ihrer Vollmacht angesehen, dem reuigen Sünder die Vergebung seiner Schuld zuzusprechen, und sie ist sich bewußt, damit eine ausdrückliche Weisung des Herrn (Joh. 20, 23; Matth. 16, 19) zu erfüllen. Die Voraussetzung solcher Lossprechung (Absolution) ist das ausdrückliche und mündliche Bekenntnis konkreter Sünde, nicht nur vor Gott, sondern vor dem menschlichen Zeugen. Ursprünglich ist die Beichte ein Akt der kirchlichen Zucht. Wer sich durch große Sünde selbst aus der Gemeinde ausgeschlossen hat, wird durch die Absolution feierlich wieder aufgenommen und zu den Sakramenten zugelassen. In der Praxis der römisch-katholischen Kirche ist die Beichte immer mehr zu einer kirchlichen Sitte, zu einer Verpflichtung, alle wissentlichen Sünden dem Priester zu bekennen, und dadurch nicht selten zu einem bedenklichen Mittel der Gewissensbeherrschung geworden. Die Reformation bekämpft den falschen Gebrauch, vor allem den die Seelen knechtenden Zwang, und sie sieht nicht in dem Sündenbekenntnis, sondern in der Lossprechung als dem Trost des angefochtenen Gewissens das Wesentliche an der Beichte oder Buße

. Diese „heimliche Beichte” hat Luther in starken Tönen gepriesen, ihre Beibehaltung haben die Bekenntnisschriften mit unmißverständlichem Nachdruck gefordert, ohne doch jemals den Empfang des Abendmahls gesetzlich an eine vorhergehende Beichte zu binden.

Den praktischen Verfall dieser Beichte haben auch Männer wie Goethe und Nietzsche als eine Hauptursache für die innere Schwäche des Protestantismus und seinen Mangel an wirklicher Seelsorge gehalten. Als eine fragwürdige Ersatzbildung entstand im 17. Jahrhundert die gemeinsame Beichte als eine Art gemeinsamer Vorbereitung auf die Feier des Abendmahls. Diese „Beichte der Gemeinde” ist von der „Beichte des einzelnen Christen” (fälschlicherweise „Privatbeichte” genannt) sorgfältig zu unterscheiden, die gewohnheitsmäßige Verkoppelung der Gemeinde-Beichte mit der Feier des Abendmahls zu lösen und vor allem die Einzelbeichte als eine wesentliche Hilfe des geistlichen Lebens wieder ernsthaft zu pflegen. Es ist nötig, daß dafür geeignete kirchliche Räume bereitgestellt werden, noch nötiger, daß die Pfarrer für diese höchst verantwortliche Aufgabe ihres Amtes geistlich gerüstet werden. Es ist selbstverständlich, daß die unbedingte Wahrung des Beichtgeheimnisses auch in der evangelischen Kirche zu den ernstesten Berufspflichten des Pfarrers gehört.

Das Gottesjahr 1941, S. 17-18
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

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© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-12-03
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