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Der Apostel Paulus bezeichnet mit diesem Wort das göttliche Handeln, welches uns das Heil, die Erlösung schenkt. Luther hat es zum Mittelpunkt des Heilsverständnisses der Reformation gemacht, weil es mit aller Schärfe sagt, daß der Mensch ganz allein vom Urteil Gottes über ihn abhängt und daß Gott allein den Menschen rettet. Das Wort hängt zusammen mit den Ausdrücken „Gerechtigkeit”, „gerecht”, „gerecht sprechen”, die schon im Alten Testament von Gott gebraucht werden. Sie schildern das königliche Handeln Gottes, durch das er sein Reich aufrichtet, ausbreitet und erhält. Gott ist als der König und Herr der ganzen Welt der höchste Richter. Alles kommt darauf an, vor ihm „recht” zu sein: d. h. fromm und heilig, ein Mensch, der den Willen Gottes in gehorsamem Dienst erfüllt. Nun steht der Mensch als Sünder vor Gottes unbestechlichem Gericht; er kann nicht aus eigener Kraft so werden, wie Gott ihn haben will. Da spricht Gott den Sünder trotz seiner Sünde gerecht, indem er ihm seine Sünden vergibt und ihm seine eigene, die göttliche Gerechtigkeit verleiht. Das ist die „Rechtfertigung”. In ihr handelt Gott, der gerechte Richter, als der Barmherzige und Gnädige. Damit ist dem sündigen Menschen ewige Gottesgemeinschaft und ewiges Leben, ein neues Dasein geschenkt: der Mensch wird durch sie zum Kinde Gottes, das aus Angst und Unfreiheit erlöst und zu einer „neuen Kreatur” geworden ist (2. Kor. 5, 17). Die Rechtfertigung ist also zugleich neue Schöpfung und Heiligung und nicht etwa bloß eine Gerechterklärung, die am Menschen gar nichts änderte. Daher können alle diese Ausdrücke in der Heiligen Schrift für einander eintreten und sich ergänzen (z. B. 1. Kor. 6, 11). Diese Gnadentat Gottes gibt es aber nur in Christus und durch Christus. Durch die Sendung Christi, vor allem durch seinen Tod für unsere Sünden und durch seine Auferstehung kommt die göttliche Gnade der Rechtfertigung hinein in die Menschengeschichte (Rom. 3, 21 ff.; 4, 25), in das menschliche Leben: Christus ist unsere Gerechtigkeit, weil er der neue, gottgehorsame und gottwohlgefällige Mensch ist. wir werden in ihm die Gerechtigkeit Gottes (2. Kor. 5, 21). Die Rechtfertigung kann der Mensch nur annehmen als ein Geschenk, nur empfangen wie ein Kind (glauben). Das Gottesjahr 1941, S. 98-99 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-19 |