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Sünde

Wenngleich die Verwandtschaft des Begriffs „Sünde” mit „Sonderung” oder „Sund” zweifelhaft ist, so kann man sich doch von daher vergegenwärtigen, was die christliche Sprache unter „Sünde” versteht. Sünde imstrengen Sinn ist nicht die Übertretung eines moralischen Gesetzes, sondern die Loslösung des menschlichen Ich von seinem Ursprung und die dem Willen Gottes widerstrebende Willensrichtung. Darum ist die superbia, die Hoffahrt, die „sein will wie Gott”, die Ur- und Grundsünde, zugleich eine in jeder bösen Tat sich auswirkende übermenschliche Herrschaftsmacht (Erbsünde). „Sünde” gehört also zu jenen Urworten der christlichen Sprache, die im Grunde nur in der Einzahl gebraucht werden können; es bezeichnet einen Zustand, eine innere Verfassung, eine Gesamthaltung (alles, was nicht aus der gläubigen Hingabe an Gott erwächst, Röm. 14, 23) und erst im abgeleiteten Sinn das einzelne daraus entspringende Tun.

Die Bibel, die uns überall anleitet, lieber nach dem Ziel als nach der Ursache zu fragen, gibt uns keine Antwort auf die Frage, woher die Sünde ihren Ursprung genommen hat; aber sie weist uns umso dringlicher darauf hin, daß wir der uns immer bedrohenden Sünde nicht ihren Willen lassen sollen (1. Mose 4, 7), daß Christus „die Sünde abgetan” hat (Luther), daß wir durch ihn erst recht in den täglichen Kampf gegen die Sünde gestellt sind und daß um seinetwillen nicht nur der unbedingte Einsatz in diesem Kampf (Hebr. 12, 4) von uns gefordert, sondern auch der wirkliche Sieg über „Sünde, Tod und Teufel” verheißen ist.

Das Gottesjahr 1941, S. 108-109
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-02-19
 

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