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Liturgie

Das Wort bezeichnet ursprünglich eine ehrenvolle und kostspielige Dienstleistung für den Staat oder das Volk, welche gesetzlich geordnet und mit Feierlichkeit umgeben war (wie die Ausrüstung eines Schlachtschiffs, die Übernahme einer Volksspeisung oder einer Choraufführung oder die Führung einer sogen. heiligen Gesandtschaft). Das Wort Liturgie hat seine für den kirchlichen Sprachgebrauch entscheidende Bedeutung dadurch erhalten, daß mit ihm in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments der priesterliche Dienst am Altar bezeichnet wurde. Der alttestamentliche Opferdienst war eine schattenhafte Darstellung jener wesentlichen und „vorzüglicheren” leiturgia, die Christus vollzog, als Er das einmalige und vollkommene Opfer darbrachte. Seinem Opfer allein eignet die Kraft zu sühnen und zu reinigen. Er heißt ein „Liturg des Heiligen”, weil Er der Priester des himmlischen Heiligtums ist.

Diesen Bedeutungsreichtum des Wortes Liturgie müssen wir uns vor Augen halten, damit wir davor bewahrt bleiben, dies Wort zu eng oder zu blaß zu verstehen. Wir dürfen echte Liturgie nach zwei Seiten hin kennzeichnen:

1. Liturgie ist Volkswerk, d. h. sie geschieht auch in der Kirche als öffentlicher Dienst zum Besten des Volkes. In Gebet und Fürbitte trägt die Kirche die Anliegen des Volkes vor Gott. Als Stellvertreterin des Volkes vor Gott bringt die Gemeinde in der Liturgie das Gott geschuldete Lobopfer dar. Dieser Charakter als öffentlicher Dienst bedingt für den Vollzug die festgefügte Ordnung. Diese schließt Willkür und Eigenmächtigkeit des Einzelnen aus.

2. Liturgie ist Christuswerk, Christus selber ist in ihr der Redende und Handelnde. Er redet selber durch das Wort der Verkündigung. In Seinem Namen betet, seufzt und fleht die Gemeinde, aus Seiner Gnade singt sie das neue Lied. Vor allem: Er gibt sich auch heute im Sakrament selber dar als Gabe und Opfer. Darum heißt es in der „göttlichen Liturgie” des hl. Chrysostomus: „Du bist ja der Darbringer und der Dargebrachte, der Annehmer und der Hingegebene; Christus unser Gott.” - Dieser Tatbestand gibt der Liturgie die Bedeutung des ganz realen Geschehens und des echten Handelns an der Welt und am Menschen. Sie ist niemals ein bloßes Handeln „als ob”.

Der Seher der Offenbarung wird Zeuge der himmlischen Liturgie (Kap. 4 u. 5). Zunächst getragen von der engsten Umgebung des göttlichen Thrones bezieht sie Myriaden der himmlischen Wesen ein, bis zuletzt die ganze erneuerte Schöpfung in den himmlischen Lobpreis einstimmt. Dort in der himmlischen Welt wird die vollkommene Liturgie gefeiert. Ihr kommt die Bedeutung eines Urbildes zu. Deshalb sagt Joseph Casper treffend im Blick auf die Ostkirche: „Die Liturgie auf Erden ist eine Ikon der Himmelsliturgie: Verherrlichung der heiligsten, ungeteilten Dreiheit durch den Menschen, der ein Bild der allerheiligsten Dreifaltigkeit geworden.” Der liturgische Dienst der Kirche gliedert sich in eine dreifache Ordnung: die Messe, das Stundengebet, die kirchlichen Handlungen. Bei aller Verschiedenheit der Struktur und der geschichtlich gewordenen Formen im einzelnen, sind doch alle liturgischen Ordnungen zur inneren Einheit der Liturgie zusammengebunden, in der das Leben der Kirche sich darstellt und erneut.

Das Gottesjahr 1941, S. 77-78
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

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© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-02-04
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