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Weil in der Kirche Jesu Christi menschliche Sünde immer wieder die Stiftung Christi und das Werk des Heiligen Geistes verfälscht, darum bedarf die Kirche selbst immer wieder der Buße, in der sie sich erneuert aus den Kräften ihres Ursprungs. Wenn die berufenen Leiter der Kirche darin versagen und statt dessen selbst zu der Quelle des Verderbens und zum Werkzeug der Entartung werden, dann ist jeder Christ an dem Ort, dahin er gestellt ist, für dies notwendige Werk der re-formatio mitverantwortlich. Martin Luther ist allein durch sein christliches Gewissen und durch sein Amt als Lehrer der Heiligen Schrift dazu getrieben worden, aus dem ihm neu erschlossenen Verständnis des Evangeliums gegen die offenbaren Mißbrauche seine Stimme zu erheben; daß die deutsche Reformation allein aus dieser Sorge um die Reinheit der Kirche erwachsen ist, wird heute auch von römisch-katholischen Forschern anerkannt. Erst der Widerstand, mit dem ein verweltlichtes Papsttum seine Macht gegen diesen Bußruf verteidigte, machte den Bruch unvermeidlich; das Scheitern der Reformation führte zur Spaltung, statt zur Reinigung der Kirche. Das Erbe der Reformation verpflichtet uns zur Treue gegen das damals neu entdeckte Evangelium, zur ständigen Wachsamkeit gegen jede Form kirchlicher Entartung und Verweltlichung, zur ökumenischen Mitverantwortung für die Reinheit der einen und allgemeinen christlichen Kirche. In dieser Treue und dieser Verantwortung begeht die Evangelische Kirche alljährlich am 31. Oktober, als dem Tag des Thesenanschlags, oder am Sonntag danach, das Gedächtnis der Reformation. Das Gottesjahr 1941, S. 99-100 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-19 |