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Der Rhythmus der Woche, der unser ganzes öffentliches, kirchliches und privates Leben durchpulst, ist aus heidnischen und alttestamentlichen Ursprüngen entstanden, die freilich durch das Christentum in einer bestimmten Richtung umgeformt sind. Die Gelehrten schwanken, wie weit sie den Mondumlauf (vier Viertel zu je sieben Tagen), wie weit sie unabhängig davon die Heiligkeit der Siebenzahl als Grundlage der bei verschiedenen Völkern auftretenden Siebentagwoche ansehen sollen. Im Alten Testament ist der Sinn dieser Zeitgliederung im Schöpfungsbericht 1. Mos. 1 urbildlich dargestellt: auf die sechs Tage des Wirkens in der Welt folgt der siebente Tag der Ruhe in Gott. Die heidnische Woche ist demgegenüber eine Planetenwoche, deren Tage (offenbar nach einer Reihenfolge, die sich aus alten babylonischen Bräuchen erklärt) im Sinne der Astrologie unter der Herrschaft der Sonne, des Mondes und der Planeten Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn stehen. Im Gegensatz dazu ist in der israelitischen Gesetzgebung alle Heiligkeit auf den einen, letzten Tag der Woche, auf den Sabbath konzentriert, der dadurch zum Tag der radikalen Arbeitsruhe, zu einem Opfer an Gott, wird. Einen ganz anderen Ausgangspunkt hat der die christliche Woche kennzeichnende Sonntag. Die urchristliche Gemeinde war von Anfang an vor allem am ersten Tag der Woche als dem Tag der Auferstehung Christi gottesdienstlich versammelt. So wurde ihr dieser Tag zum Tag des Herrn (Offb. 1, 10; dies Dominica, Dimanche). An diesem Tage durfte nicht gefastet und beim Beten nicht gekniet werden. Seit dem Beginn des Staatskirchentums unter Konstantin dem Großen geschah es, daß die verschiedenen Wochen-Ideen sich wechselseitig durchdrangen. Dabei bekam der Herrentag den offiziellen Namen „Sonnentag” (Sonntag) und wurde seinerseits mit dem Ruhen zwar nicht aller Arbeit, aber doch der knechtischen und friedlosen Tätigkeiten ausgezeichnet. Erst viel später wurde das Sabbathgebot des Alten Testamentes auf den Sonntag bezogen und damit auch der Wochenrhythmus alttestamentlich umgedeutet (Week-End). Der christliche Gedanke der Woche kann nur da lebendig bleiben, wo als Ausgangspunkt das dreifaltige Werk der Schöpfung (1. Mos. 1), der Auferstehung Christi und der Ausgießung des Heiligen Geistes festgehalten wird. Wo der Sonntag in diesem Sinn gefeiert wird, wirkt sich das auf die ganze Woche aus. Wie jeder Sonntag ein kleines Osterfest ist, so jeder vorausgehende Freitag ein kleiner Karfreitag, jeder Donnerstag ein Tag des Gedächtnisses an das letzte Mahl, jeder Samstag ein Gedächtnis der Grabesruhe des Herrn. Und wie wir am ersten Tag der Woche für das neugeschenkte Leben danken, so liegt es nahe, im Gebet der weiteren Wochentage das neue Leben zu entfalten. Der Montag gehört so dem Gedanken an die irdische Berufsarbeit, der Dienstag dem täglichen Kampf und seinen Entscheidungen, der Mittwoch der Gemeinschaft des Hauses und der stillen Einkehr und Besinnung, der Donnerstag Volk und Kirche, der Freitag der Nachfolge Christi im Leiden, der Samstag als „Sonnabend” (Sonntags-Vorabend) dem Ausblick in die ewige Vollendung. Das Gottesjahr 1941, S. 121-122 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-19 |