Der Chor = Chorraum ist so benannt nach dem Chor der Kleriker, der hier die Liturgie betet. Der christliche Kultraum [Gotteshaus] besitzt seit den ältesten Zeiten die Apsis (= Chorraum) als Ort, der die Gegenwart der himmlischen Welt symbolisiert. Ursprünglich hat in der Mitte des Apsiswand der Bischof (als vicarius - Stellvertreter Christi) seinen erhöhten Sitz (cathedra), um den sich die Sitze des Klerus im Halbkreis gruppieren. Der Altar dagegen bildet an der Westseite des erhöhten Chorraums die Grenze zwischen der irdischen und der himmlischen weit. Das Mittelalter rückt den mit der Retabel (Bilderwand) auf seiner Rückseite abgeschlossenen Altar an die Ostwand des Chors und das Chorgestühl vor den Altar. Diese Entwicklung findet ihren Abschluß in der Ausbildung der Lettnerwand, die Schiff und Chor voneinander trennt und damit ganz vergessen läßt, daß Gemeinde und Liturgen um den Altar versammelt sind. Ebenso ist die protestantische Entwicklung verfehlt, die vielfach den Chor gänzlich gestrichen und damit den Ausdruck dafür beseitigt hat, daß der Raum der christlichen Kirche nicht in sich abgeschlossen, sondern nach der Überwelt hin offen ist. Durch den Chor erhält der Kultraum die sinnvolle Dreiteilung in Vorhalle (Raum der Bereitung), Schiff (Raum der Erleuchtung) und Chor (Raum der Einung).
Das Gottesjahr 1941, S. 26
© Johannes Stauda-Verlag Kassel
|
