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Prophet

Für das Verständnis des „Propheten” ist nicht dies wichtig, daß er etwas vorhersagt, sondern daß er etwas hervorsagt; das heißt: nicht die Weissagung künftiger Ereignisse ist das entscheidende Merkmal des Propheten, sondern dies, daß er als der unmittelbar von Gott ergriffene Bote, nicht aus der Kraft eigener Überlegung oder Besinnung, sondern aus der Kraft göttlicher Eingebung (Inspiration) und Erleuchtung sieht und verkündigt, „was im Gange ist.” Der Prophet ist einsam, weil er schaut, was andere nicht sehen und nicht sehen wollen, und er ist dem Haß und der Verfolgung ausgesetzt, weil er warnend und strafend verkündigen muß, was keiner gern hört. Der dem Propheten geschenkte Blick in das Zukünftige ist ohne „Perspektive”; d. h. er sieht, was kommt und was schon auf dem Wege ist, aber er vermag den nächsten Schritt und das fernste Ziel kaum zu unterscheiden; darin gründet sich die von allen Einzelgeschehnissen unabhängige Gelassenheit im Vertrauen daraus, daß Gott Seinen Plan hinausführt. Die Propheten des Alten Bundes in ihrem Kampf gegen die Selbstsicherheit israelitischer Volksfrömmigkeit und in ihrer tiefen Einsicht in die Geheimnisse der göttlichen Weltregierung (so vor allem bei Jesaja, Jeremia, Amos zu spüren) sind eine einmalige geschichtliche Erscheinung, der nichts aus dem Bereich anderer Religionen verglichen werden kann. Auch Jesus selbst ist „Prophet”, wenngleich sich sein Wesen und Werk in diesem „prophetischen Amt” nicht erschöpft. In der alten Kirche stehen neben den „Aposteln” und den von ihnen berufenen Trägern des geistlichen Amtes, die Propheten als die Träger und Werkzeuge unmittelbar Inspiration; auf diesen doppelten Grund ist die christliche Kirche aller Zeiten gebaut (lEph. 2,20).

Das Gottesjahr 1941, S. 97
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-02-05
 

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