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Blut (Christi)

Von der geheimnisvollen Kraft des Blutes wissen alle Völker. Darum spielt der in Zeugung und Geburt begründete Zusammenhang des Blutes und das Blut, das frevelhaft durch Menschenhand vergossen ist, in Sitte und Recht, in Glauben und Kultus aller Religionen eine entscheidende Rolle. Die Bibel bezeugt in allen ihren Teilen eine ehrfürchtige Scheu vor dem Blut als dem Träger des Lebens. Weil nicht der Mensch, sondern Gott allein Herr des Lebens ist, darum ist alles Blut Ihm heilig; dies ist der innerste Grund jener kultischen und sittlichen Gebote, die das Blut schützen und die Scheu vor Blut und Blutvergießen einschärfen. Das vergossene Blut ist die zum Himmel schreiende Anklage gegen die Urschuld des Menschen, der zum Mörder geworden ist, und zugleich das Zeichen der letzten Liebe, die das eigene Leben als Opfer hingibt. Daß nicht nur auf Erden keine Siege errungen und keine Reiche erhalten werden ohne Blut, sondern daß auch die menschliche Schuld nicht ohne Blut getilgt und das Heil nicht ohne Blut erworben wird, gehört zu jenem Urwissen, das allem biblischen Denken zu grunde liegt.

Der Glaube an Christus ist der Glaube an Sein Blut, an die Kraft seines wirklichen und leibhaften Opfers, und dieses Blut als das allein wahrhaft unschuldig vergossene Blut hat die Kraft der Versöhnung. Im Sakrament tritt die Kraft dieses Blutes in unser eigenes Leben ein, um an uns eben das zu vollbringen, was alle blutigen Opfer meinen, aber nicht verwirklichen.

Diese Gedanken des christlichen Glaubens mußten der Christenheit in dem Maße verblassen, als sie in ihrem ganzen Denken sich von der bluthaften Wirklichkeit des Lebens zugunsten einer bloßen Vergeistigung entfernt hat, und sie ergreifen uns mit neuer Mächtigkeit, sobald wir wieder das Blut als eine ehrwürdige und zugleich bedrohliche Urmacht des Lebens erkennen.

Das Gottesjahr 1941, S. 23
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-12-03
 

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