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Das echte Gleichnis ist mehr als ein Kunstmittel der Belehrung oder der wirksamen Rede, das einen schwierigen und abstrakten Gedanken durch Bilder veranschaulichen und dadurch dem Verständnis nahebringen möchte. Vielmehr findet darin das Gesamtverständnis der Welt im Licht der Offenbarung seinen notwendigen und angemessenen Ausdruck: Weil alle Dinge durch den Willen Gottes und auf Christus hin geschaffen sind, darum tragen sie auch, obschon in sehr verschiedener Weise, diese heimliche Zielrichtung auf Christus hin in sich; aber erst von Ziel und Erfüllung her, also von Christus her, wird dieser ihr verborgener Sinn offenbar; darum redet das Johannes-Evangelium von Christus als dem wahren Licht, dem wahren Brot. Im Gleichnis strahlen die Dinge dieser Welt auf und zeigen ihre verborgenen Linien und Farben, so wie die bunten Fenster einer Kirche aufleuchten in der reichen Flut der aufgehenden Sonne. Freilich wird zugleich in jedem Gleichnis der Abstand von der Sache fast schmerzhaft sichtbar und wehrt jeder Vermischung und Verwechslung; ja zuletzt muß alles, was Gleichnis ist, der Sache selber weichen, so wie die himmlische Welt keiner Sonne mehr bedarf, weil dort Christus selbst als Sonne leuchtet. - Das Gleichnis ist keine „Erklärung für jedermann”; sondern nur dem Glaubenden und Liebenden wird das Gleichnis zum Hinweis auf das, was er liebt und woran er glaubt; es hütet das Geheimnis und verhüllt zugleich, was es zu enthüllen scheint. Das Gottesjahr 1941, S. 46-47 © Johannes Stauda-Verlag Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 12-12-06 |