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Der Alltag
von Carl Happich

LeerBei dem Wort „Alltag” denken wir an die regelmäßig immer wiederkehrenden kleinen Ereignisse, die wir schon fast gar nicht mehr bemerken, die sozusagen automatisch durch unser Leben rollen, und die wir für selbstverständlich halten. Und doch ist jeder Tag immer neu, in seinem Ablauf, in seiner Belichtung, in der Kombination seiner Ereignisse, neu, auch wenn nicht besondere Geschehnisse in ihm uns aufschrecken oder erfreuen. Unsere Dankbarkeit, daß wir leben und gar arbeiten dürfen ist jeden Morgen neu; und wenn uns alles genommen wäre und die Sonne schiene noch auf uns, dann hätten wir auch dafür zu danken. Der Mensch neigt dazu, sich an das Gute zu gewöhnen; die meisten Menschen haben wohl auch nicht die Kraft und die Intensität, dauernd bei wachem Bewußtsein und in wachem Gefühl zu sein und dann mit wachem Herz, mit wachen Sinnen zu wollen, Entschlüsse zu fassen und sie in lebendigem Bewußtsein in die Tat umzusetzen. Wenn unsere menschliche Kraft erlahmt und zu all dem nicht mehr fähig ist, dann wird doch alles immer wieder überstrahlt von der Dankbarkeit gegen Gott, der uns geschaffen hat und uns in diese Welt des Wunderbaren hineingestellt hat, damit wir uns zu ihm entscheiden können. In diesem Sinne ist der folgende Hymnus gemeint:

Der Tag
Wenn ich erwache und öffne die Augen,
So stehst Du da in deiner Pracht,
Des Ewigen herrliche Schöpfung;
Strahlend erleuchtest Du Sonne
Die Welt, und wärmst mir die Glieder.
Schreite ich fort in den Tag,
So staunet mein Sinn ohn Ende
Über Macht und Güte des Herren.
Alles hast Du geschaffen
Und hältst es in ewigen Händen;
Ob es versinkt und vergeht,
Immer schaffst Du es neu;
Im ewigen Werden und Gehen
Ewig kommen die Gräser
Und wachsen die schattigen Wälder.
Ewig scheint er zu sein,
Unaufhörlich der wandernde Mensch;
Du aber allein bist ewig
Und der währende Mensch
Ist nur ein Nu
Vor Deinem beharrenden Auge.
All das bedenkt meine Seele
Und bewegt es mit Dank in der Tiefe;
Alles was mir begegnet,
Alles schickst Du mir zu.
Und ob mir lachet mein Mund:
Du hast es gesandt
Und stärkst mich mit Jubel;
Ob ein Schmerz mich stört
Oder ein Kummer mich quält,
Trägt er mich näher doch
Näher zu Dir,
Panzert mein Herze
Und stärket den Mut;
Dich preis ich „Mächtiger”,
Dich Allsonne,
Dir streb ich zu
Allgütiger Vater.
Das Gottesjahr 1940, S. 16-17
© Johannes Stauda-Verlag zu Kassel (1939)

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-24
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