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von Kurt Meschke |
Und nach sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Das soll hier an einem Vers des Matthäusevangeliums, der der hohen abschließenden Zeit seines Wirkens zugehört, gezeigt werden. Am Ende einer ersten Wegstrecke, in entscheidender Stunde fragt Jesus seine Jünger nach ihrer geistlichen Erfahrung. Diese den Erwählten zu vermitteln, war sein tiefstes Anliegen gewesen. Die Antwort des Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes” ist ihm das Zeichen, daß Gottes Wirken durch ihn auf Menschen übergegangen ist. Damit ist das Fundament der Kirche gelegt. Denn in nichts anderem besteht ihr Wesen, als darin, daß Gottes Wirklichkeit durch Christus hindurch auf dieser Erde eine Stätte hat. Nicht mehr sind Fleisch und Blut Erkenntnisquellen der Wahrheit. Sie sind in ihre Grenzen gewiesen, und eine neue Wahrnehmung und Erfahrung, eine die nicht aus dem Menschen kommt und doch den ganzen Menschen umfaßt, die geistliche Erfahrung, ist durch Christus möglich geworden. Auf sie gründet Jesus die Kirche als Seine dauernde Gestalt auf dieser Erde, unzerstörbar selbst durch die Pforten der Hölle und mit dem göttlichen Auftrag zu „binden” und zu „lösen” ausgestattet. Geistliche Erfahrung Gottes durch Christus und „Kirche” sind das gleiche. Fehlt das eine, ist auch das andere nicht vorhanden. Für das ganze Ereignis von Caesarea Philippi aber wird Verschwiegenheit der Erfahrenen gefordert. Denn geistliche Erfahrung wird nicht wahl- und planlos weitergegeben, sondern unterliegt der Führung und Einübung. Von dieser Geburtsstunde des Glaubens an ist dem Wege Jesu mit seinen Jüngern Ernst und Bedeutung dieses Ereignisses abzuspüren. Das Kreuz von Golgatha, das Zeichen dieser Christuskirche, wirft seine Schatten voraus. Das Ziel des Weges bestimmt seine Stationen. Jede Einzelheit des gemeinsamen Tuns ist ausgerichtet auf die Schwere und das Wachsen der geistlichen Erfahrung, um die es hier geht. Zunächst folgt auf die Offenbarung von Caesarea Philippi eine Pause von einer Woche, kein leerer Raum, sondern eine Atempause, eine „schöpferische Pause” der „Verarbeitung”. Sechsmal klingt das Erlebte nach; es wird mit jedem der verschiedenen Tage neu gewonnen und durchläuft so an sieben Tagen den ganzen Kosmos des Menschen. Der Rhythmus der Natur, zu der auch der Mensch gehört, wird durchtönt vom Worte Gottes. Als dann der Tag des Herrn aufs neue wiederkehrt, nimmt Jesus drei seiner Jünger. Denn daß alle ihm gleich nahe sind und daß die ersten die letzten sein werden, das hat nichts damit zu tun, daß es Stufen und Arten geistlicher Erfahrung und daraus folgend Ämter und Gaben verschiedener Art in der Kirche gibt. Jesus wählt die drei und führt sie in die Einsamkeit eines hohen Berges. Jeder Ort dieser Welt hat seine Besonderheit und gibt den Erfahrungen, die dort gemacht werden, seinen Charakter. Die Gruft weist nach unten, das Tal sammelt, die Ebene weitet, der Berg wird zum Gleichnis der oberen Welt. Aus der Tiefe erfuhr Saul das Gericht Gottes (1. Sam. 28), auf dem Berge erhielt Mose das Gesetz. Christus ist die Berg-Predigt Gottes. Berge sind die Stätten seines Gebets. Indem er, wohl schweigend, die Jünger in die Einsamkeit eines hohen Berges führt, treten Lust und Last der Menschen zurück, sie verlassen das Getriebe der fruchtbaren Täler, sie werden nach oben ausgerichtet. Das ist der Weg des Fastens, der nötig ist für die Erfahrung, die sie machen sollen: das Schweigen alles Menschlichen im Schweigen der Berge. Denn sie sollen nicht „zu sich selbst kommen”, sondern zu Gott. So gelangen sie an das Ziel, und da geschieht an ihnen allen, was wir die geistliche Erfahrung der Verklärung Christi nennen. Sie erkennen Gottes Herrlichkeit als Sieg und Triumph der Kirche, und sie fallen nieder auf ihr Angesicht. Der Verklärte selbst aber weist sie an das Tagewerk: Beten und Fasten in der Freiheit der Kinder Gottes. Das alles, Matthäus Kapitel 17 f. berichtet, ist ein langer Erfahrungsgang Christi mit den Seinen. Er entzieht sich einer kurzen Umschreibung. Es möge aber für das Ganze bemerkt werden, daß Jesus „verklärt ward” und nicht sich selbst verklärte. Obwohl ihm „alles übergeben war vom Vater” und er also nach menschlicher Theorie auch hätte als die große Ausnahme, die er war, in Erscheinung treten können (Matth. 4, 1-11), so ist es doch von Heilsbedeutung, daß er in seinem geistlichen Leben sich nicht selbst erhöhte, sondern sich völlig der Wirklichkeit Gottes öffnete und überließ. Dadurch wurde er eins mit dem Vater, und Gott wirkte durch ihn nach der Ordnung seiner neuen Schöpfung bis hinein in scheinbare Belanglosigkeiten seines Weges. Die völlige Hingabe an Gott machte ihn zum durchscheinenden Licht, und die geistliche Einübung seiner Jünger entsprang nicht religiös-technischer Überlegung und Methode, sondern war Gottes Wirken durch Ihn auch in den Einzelheiten ihres gemeinsamen Lebens. So kam in der geistlichen Übung und Erfahrung das Heil zu den Jüngern; so führte er sie den Weg zu Gott, auf dem sie ihm nach Gottes Gnade folgen dürfen für alle Zeiten. Das Gottesjahr 1938, S. 79-81 © Johannes Stauda-Verlag Kassel 1938 |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 13-02-24 |