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1933
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Die ketzerische Synode
von Wilhelm Stählin

LeerEs hat in der Geschichte der christlichen Kirche Synoden gegeben, denen für das Urteil späterer Geschlechter der Makel der Ketzerei anhaftet. Das waren Synoden, die sich in irgend einer Frage der Lehre einer Meinung anschlossen, die sich im weiteren Gang der christlichen Lehrbildung als ein Irrweg herausgestellt hat; Synoden, aus denen eine Zeitströmung oder die Lieblingsgedanken eines redegewandten Führers die Gemüter verwirren und die Wolken rechthaberischen Eigensinns die strahlende Sonne der göttlichen Wahrheit verdunkeln konnten. Solche ketzerischen Synoden hat es gegeben.

LeerAber davon soll hier nicht die Rede sein; sondern von Synoden, die schon durch ihre Zusammensetzung, durch die Form ihrer Beratung und ihrer Beschlußfassung, kurzum durch die ganze Art, wie es dabei zugeht, die christliche Botschaft verdunkeln und verleugnen. Wir sind gewohnt, nur bei einer Entartung der Lehre von Ketzerei zu sprechen. Als ob der Kirche nichts anderes aufgetragen wäre, als bestimmte Ereignisse zu verkündigen und bestimmte Wahrheiten mit Worten zu lehren! Als ob die Kirche nicht der Leib des lebendigen Christus sein sollte und sein dürfte, der durch alle seine Funktionen, durch das dienstbereite Wechselspiel seiner Glieder zu bezeugen und auszudrücken hat, wovon er lebt! Es ist kein Zufall, daß der älteste Streit über das Abendmahl, von dem wir wissen und den wir im 11. Kapitel des 1. Korintherbriefes gleichsam miterleben, sich nicht auf eine „ketzerische” Abendmahlslehre bezieht, sondern auf eine ketzerische Art das Abendmahl zu feiern, nämlich auf eine eingerissene Unsitte, durch die die Liebesgemeinschaft des Leibes Christi verleugnet wird. Die Aufgabe, die Kirche in allen ihren Erscheinungsformen aus ihrem Wesen heraus zu gestalten, ist im Protestantismus neben der Sorge um die reine Lehre verkümmert; sehr vieles, was wir heute an dem Zustand unsrer Kirche schmerzlich beklagen, wurzelt darin, daß man zwar gegen die dogmatischen Ketzereien mit Ernst auf der Wacht und im Kampf stand, aber sehr sorglos und nachlässig wurde gegen alle anderen Formen der Ketzerei.

LeerDas Augsburgische Bekenntnis zählt als Kennzeichen der Kirche auf Erden nur auf, daß in ihr das Evangelium recht gelehrt und die Sakramente recht verwaltet werden; die reformierte Kirche hat von ihren Vätern her die Erinnerung mitbekommen, daß daneben auch die disciplina, das heißt die Zucht und Ordnung des christlichen Gemeinschaftslebens, als Kennzeichen der wahren Kirche zu achten ist. Daß sich keiner der beiden Zweige des Protestantismus für das kultische Leben der Kirche ernstlich interessiert hat, ist aus der polemischen Situation jener Zeit wohl zu begreifen; Luther sowohl wie die Schweizer waren wesentlich auf Abschaffung von Mißbräuchen, auf dogmatische Reinigung und auf pädagogische Wirksamkeit des Gottesdienstes bedacht, aber ihr Hauptanliegen war doch, daß man all diese Dinge der gottesdienstlichen Gestaltung ja nicht zu wichtig nehme; so konnte es geschehen, daß unser protestantisches Kirchenvolk zusamt den meisten Theologen sehr unempfindlich ist gegen die liturgischen Ketzereien, die sehr zum Schaden der Kirche fröhlich gedeihen. Aber es wäre eine langwierige Sache, wollten wir darüber unser Herz ausschütten; es soll hier nicht weiter davon die Rede sein. Wohl aber von der soziologischen Ketzerei.

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LeerDie reformierte Lehre von der disciplina wahrt das Anliegen, daß Ordnung, Verfassung und Leitung der Kirche, ebenso wie ihre Lehre, ihrem Wesen gemäß geschehen solle; ich rede jetzt nicht darüber, ob das Ideal, es solle alles möglichst so geordnet werden wie es in der urchristlichen Gemeinde war, gut und heilsam gewesen ist; genug, daß hier das Bewußtsein davon lebendig ist, daß die soziologische Gestalt der Kirche keine gleichgültige Äußerlichkeit, sondern ein notwendiger Ausdruck ihres Wesens, eine Form ihres Bekenntnisses, eine nicht zu übersehende Aufgabe leibhafter Gestaltung ist. Das Luthertum hat währenddessen sich mit Notlösungen und Notkonstruktionen ohne innere Vollmacht und ohne Überzeugungskraft begnügt. Als Luther mit den anderen Mauern, die nach seiner Meinung die Kirche gefangen hielten, die Hierarchie stürzte, mangelte es durchaus an dem Amt, in dem sich die Kirche repräsentativ hätte darstellen können. Teils schien es, als könnte der einzelne gläubige Mensch, allein mit seinem Gott und seiner Bibel, überhaupt jeder sichtbaren Gemeinschaft entbehren („alles was aus der Taufe gekrochen, sein eigener Pfarrer, Bischof und Papst”); teils war Luther geneigt, der empirischen Einzelgemeinde mit dem Recht, die Lehre zu prüfen, zugleich auch die ganze souveräne Verantwortung für das Dasein der Kirche aufzubürden; ein Recht, das ihr nicht zukommt, und eine Last, die sie nicht tragen kann.

LeerUnd schließlich war es dann der Landesherr, der, weil er allein dazu die äußere Macht besaß, die Kirche in Ordnung halten sollte; aber die Ordnung bestand kaum in etwas anderem, als daß Prediger ausgebildet, geprüft und angestellt wurden. Und während auf reformiertem Boden strenge Kirchenordnungen und zum Beispiel am Niederrhein fast mehr noch das Kreuz der Gegenreformation wirkliche Gemeinden mit verantwortungsvollen Organen schufen, blieb auf dem Boden den deutschen Luthertums das Kirchenwesen ein Anhängsel der staatlichen Verwaltung, ohne die Möglichkeit, ja selbst ohne den Willen, in Ordnung und Verfassung der Kirche darzustellen, was Kirche sei. In der Flut kirchenrechtlicher Theorien, die jene Zeit gebar, wurde kaum irgendwo der schüchterne Versuch gemacht, von Grund aus, aus dem Wesen christlicher Gemeinschaftsbildung zu fragen, wie eine kirchliche Ordnung aussehen müßte; sondern es wurde nur auf verschiedensten Wegen und mit den verschiedensten Argumenten nachgewiesen, daß der bestehende, untragbare Zustand erträglich und die herrschende Unordnung die richtige Ordnung sei. Während die theologische Arbeit mit Scharfsinn und Treue Dämme baute gegen jede vermeintliche oder mögliche Ketzerei, verkümmerte die Bekenntnisbildung hinsichtlich der Form der sichtbaren Kirche. Man gewöhnte sich an die soziologische Ketzerei.

LeerEs ist aber ebenso wichtig, daß die Kirche die rechte Verfassung habe, wie daß sie die rechte Lehre habe. Das 19. Jahrhundert hatte den meisten deutschen Landeskirchen eine „Verfassung” geschenkt; das heißt, es wurden den Konsistorien, den kirchlichen Verwaltungsbehörden, Synoden zur Seite oder gegenüber gestellt, in denen das Kirchenvolk seine Stimme und seine Organe hat. Aber diese Synoden hatten nun nicht etwa ihre Heimat und ihr Vorbild in den echten kirchlichen Körperschaften, wie sie sich auf reformiertem Boden zumal des deutschen Westens herausgebildet hatten, sondern sie entsprangen vielmehr dem Wunsch, auch auf kirchlichem Boden die Rechte zu empfangen und zu verleihen, die auf politischem Boden dem freien Volk nicht mehr versagt werden konnten. So entstanden Synoden, die ihren Antrieb und ihr Vorbild und ihre Form ihres Daseins viel mehr aus der Politik, als aus der eigenen inneren Bewegung der Kirche empfingen: ketzerische Synoden.

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LeerAls der Umsturz des Jahres 1918 mit dem Sturz der Landesherren die Kirche ihrer „Bischöfe' beraubte, da mußte allenthalben das Verfassungswerk neu gebaut werden. Sind die Verfassungen und Kirchenordnungen jener Jahre wirklich Neubauten geworben? Wir erkennen heute mit wachsender Deutlichkeit und wachsender Sorge, daß jenes Verfassungswerk auch wieder nur ein Notstandswerk gewesen ist, daß die Verwirrung jener Jahre und die vielleicht sehr berechtigte Sorge um den äußeren Bestand der großen Kirchenkörper und der Wunsch, endlich wieder zu geordneten und gesicherten Verhältnissen zu gelangen, kaum die äußere und innere Freiheit ließ, nach einer wahrhaft kirchlichen Ordnung zu fragen, und daß gerade in jenen Verfassungen und ihren Synoden eine der Kirche wesensfremde „Welt” in breiter Flut einströmte in die Kirche.

LeerDie Eroberung der Kirche durch das autonome religiöse Individuum, durch Pietismus und Aufklärung geistig zum Sieg geführt und naiv als das eigentliche Erbe der Reformation gepriesen, vollendete sich in der Verfassung der Kirche in einem kirchlichen Parlamentarismus. Der einzelne Mensch macht als Urwähler seinen niemandem verantwortlichen Anspruch auf die Mitregierung der Kirche geltend; ein kompliziertes Wahlverfahren sichert die Rechte der Wähler und schützt die Minderheiten vor Vergewaltigung durch eine Mehrheit. Nie werde ich vergessen, von welchem Entsetzen ich ergriffen wurde, als ich, als junger Pfarrer zum erstenmal zur Leitung einer solchen Wahl - nur des örtlichen Kirchenvorstandes! - verpflichtet, zum erstenmal ein solches Wahlgesetz gründlich studierte; alles darauf bedacht, die Rechte der einzelnen zu wahren, vom Mißtrauen aller gegen alle diktiert, ganz und gar eine Sache „dieser” Welt; so sollen kirchliche Körperschaften zustande kommen? Und dann sollen durch zahlenmäßige Anhäufung solcher Kirchengemeinderäte Synoden entstehen? Es wäre ein Leichtes an einzelnen erschütternden Beispielen darzutun, was dabei herauskommen kann und herauskommen muß! Es kann ja nicht ausbleiben, daß die einzelnen, jeder primären Bindung an die Kirche und jeder organischen Verflochtenheit entbehrend, sich dann mit anderen verbinden, um ihre Sonderwünsche und -Meinungen durchzusetzen, und die Partei tritt ihre Herrschaft in der Synode an.

LeerSolange diese Parteien sich wesentlich unter theologischen Gesichtspunkten voneinander unterschieden, war dieser Kampf der kirchlichen Parteien und Gruppen gewiß auch nicht selten ein erschreckendes Beispiel von Eigensinn und Rechthaberei, von Lieblosigkeit und pharisäischem Urteil; aber es hatte doch den Anschein, als gehe es um Wahrheit und Gewissen, und sicherlich war es vielen der Streitbarsten damit bitterer Ernst. Aber dieses ganze System lebte davon, daß sich nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Gemeinden für diese Wahlhandlungen interessierte; wenn sich einmal die politischen Parteien aus irgendeinem Grund solcher Kirchenwahlen annahmen, so entstand alsbald ein Bild, dessen man sich als Mann der Kirche nur von Herzen schämen konnte.

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LeerAber eben in dieser Entwicklung stecken wir mitten drinnen. Schon freuen sich manche allen Ernstes des drohenden und sicher zu erwartenden Einbruches der Nationalsozialisten in die kirchlichen Körperschaften, weil sie - vielleicht mit Recht - hoffen, daß dadurch der ganze Spuk dieses allgemeinen Wahlrechts gründlich entlarvt und zu einem unrühmlichen Ende gebracht werde. Schon sind wir so weit, daß in großen kirchlichen Synoden ernsthafte und wesentliche Reden kaum mehr ernstgenommen werden von denen, die einer anderen Gruppe zugehören, und daß in einer Landessynode eine ganze Gruppe geschlossen den Saal verläßt, weil sie es für unter ihrer Wurde hält den Redner einer bestimmten anderen kirchlichen Gruppe auch nur anzuhören. Das ist die vollendete Kapitulation der Kirche vor der Welt und ihrer Art und Unart; das ist die „ketzerische Synode”.

LeerIn der größten evangelischen Kirche, der altpreußischen Union, hat der Einfluß der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung mit seiner Tradition echter und verantwortungsvoller Gemeindevertretung heilsame Schutzwirkung geübt gegen die zersetzenden Einflüsse solchen formal-demokratischen Parlamentarismus. So sehr das dortige indirekte Wahlverfahren, das „Siebverfahren” an einer grotesken Überalterung der Generalsynode Schuld trägt und nicht nur die heillose, sondern auch die heilsame Aufregung aus ihren Beratungen fernhält, es ist doch im Grundsatz hier ein organischer Aufbau, statt eines mechanischen Verfahrens gemeint und gewollt. Freilich wird niemand zu behaupten wagen, daß dadurch die preußische Generalsynode bewahrt sei vor den wahrhaft dämonischen Gefahren dieses kirchlichen Parlamentarismus und seiner Geschäftsordnung; und die religiösen Formen, Schriftlesung und Gebet am Anfang und am Schluß sind wahrlich weder hier noch auf Pfarrkonferenzen ein Ersatz, wenn es an der Einigkeit im Geist und an brüderlicher Bereitschaft mangelt, den anderen in seinem Anderssein ernst zu nehmen und sich mit ihm zu gemeinsamem Handeln durchzukämpfen, statt ihn durch Abstimmung unschädlich zu machen.

LeerMan wende gegen solche Klagen und Sorgen nicht ein, daß es auf den Synoden der christlichen Kirche zu allen Zeiten sehr menschlich zugegangen sei und daß solche weltliche Klugheit und solche Machtkämpfe auf Synoden zu den unvermeidbaren „Runzeln und Flecken” gehören, die der Braut Christi auf Erden anhaften. Es handelt sich nicht um „Menschliches, allzu Menschliches”, sondern es handelt sich um Ketzerei; das heißt, es handelt sich um Formen und Einrichtungen, die in ihrem Ansatz dem Wesen der Kirche zuwider sind und in denen die Kirche ihrem Beruf genau so untreu wird, wie wenn sie in ihrer Predigt einen Irrtum verkündet. Es ist ein Dreifaches, in dem der Schaden dieser Synoden wurzelt und um dessen willen von der ketzerischen Synode geredet werden muß. Es ist vor allem der Grundirrtum, der allein solches Wahl- und Abstimmungsverfahren rechtfertigen konnte, daß die Kirche sich von unten her, von den einzelnen her, aufbaue, während doch Christsein immer ein Anteilhaben bedeutet an einem größeren Gesamtgeschehen, das vor und über dem einzelnen da ist. Die Synode eines Organismus, dessen Glieder leibhaft zusammentreten um in gemeinsamem Handeln den Blutstrom, der sie durchpulst, neu zu erfahren, hat schlechterdings andere Gesetze (und sollte auch eine andere Geschäftsordnung haben!) als das Parlament einer Organisation, die schließlich manche Fragen auf irgendeinem Weg zur Entscheidung bringen muß. Ein Verein kann in seiner Mitgliederversammlung Mehrheitsbeschlüsse fassen; kann das die Kirche?

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LeerDamit hängt das Zweite eng zusammen. Die Wahrheit, die der Kirche anvertraut ist, ist kein Besitz, den sie einfürallemal hätte, sondern ein lebendiges Geschehen, das sich immer von Neuem in der Begegnung zwischen Christen, in der Gemeinsamkeit des Gebets und der Arbeit ereignet. Wir haben es gewiß nicht in unserer Hand und verfügen nicht über den Geist der Wahrheit, der uns in alle Wahrheit leitet. Aber kann er uns in alle Wahrheit leiten, wenn ein jeder von uns mit festgeprägter Überzeugung auf den Plan tritt, gepanzert und bereit, diese seine Überzeugung gegen jedermann zu verteidigen und durchzusetzen? Sollten nicht kirchliche Synoden vor allem andern der Welt das wundersame Beispiel geben, daß hier ein wirkliches Gespräch möglich ist, in dem einer den andern ernst nimmt, ihn besser zu verstehen sucht, als er sich selber verstehen kann, und ernsthafte Fragen in sich selber aufnimmt. Es gibt Kreise, in denen das möglich ist und wirklich geschieht; es mag auch Synoden geben, in denen der gute Wille dazu lebendig ist. Aber dann geschieht es trotz der Art, wie diese Synoden zustande gekommen sind. Und welche Vollmacht hat das, was aus solchem Gespräch, aus solchem gemeinsamen Fragen nach der Wahrheit geboren ist!

LeerSolches Gespräch ist zugleich der notwendige Gegenpol und die heilsame Ergänzung der persönlichen geistlichen Führung, ohne die keine Kirche leben kann. Es geht nicht um den Namen „Bischof”, obwohl es keinen anderen Namen gibt, der mit solchem geschichtlichen Recht und mit solchem Gewicht den kirchlichen Führer bezeichnen könnte; sondern es geht um den berufenen Führer, der nicht nur von seinen Wählern, sondern von der gesamten Kirche getragen, und nicht nur seinen Auftraggebern, sondern der gesamten Kirche verantwortlich (das ist der Sinn des „apostolischen” Amtes!) das Wagnis auf sich nimmt, die geistige Führung der Kirche in seiner Person darzustellen. Erst durch den Mangel solcher unabhängiger geistlicher Führung wird die Synode in Wahrheit eine ketzerische Synode; erst dadurch wird das, was Sache des charisma und der priesterlichen Vollmacht ist, unter die Herrschaft demokratischer Mehrheiten und zufälliger Abstimmungen gebeugt. Es ist erschütternd, daß die größte evangelische Kirche der Welt keine geistliche Spitze, keine Instanz zentraler geistlicher Führung hat; ein Mangel der Verfassung, der durch keinen guten Willen und keine Tüchtigkeit, sei es der Synode, sei es einzelner Führerpersönlichkeiten, ausgeglichen werden kann.

LeerFreilich der Bischof - nennen wir ihn einmal so - empfängt seine Vollmacht und seine Weihe nicht daraus, daß er Vorsitzender einer Behörde ist, sondern daraus, daß er als pastor pastorum die Kanzel hat, von der er verkündigen darf, und vor allem den Altar seiner Kirche, an dem er beten darf und an dem er in priesterlichem Dienst sich selbst immer wieder hingibt mit Leib und Seele. Daß wir nur Prediger haben und Verwaltungsbeamte, aber dabei vergessen, daß die Kirche lebt in ihren priesterlichen Dienern und daß Tausende und Abertausende hungriger Menschen nichts, gar nichts, fragen nach dem Redner, nach der Behörde, nach Kirchengesetz und Kirchenorganisation, aber warten und hoffen auf den Priester, der ihrer armen Seele das Brot reicht, - das ist die innerste Not; und so zeigt sich, daß die Synode weder allein Schuld trägt, noch allein helfen kann. Wenn die Kirche zur Schule oder zum Vortragssaal entartet, muß dann nicht die Synode eine ketzerische Synode werden? Aber wenn die Kirche wahrhaft Kirche ist, dann wird auch ihre äußere Gestalt, ihre Verfassung und ihre Synoden zu einem Bekenntnis, zu einem Zeugnis ihres Lebens, das nicht von dieser Welt ist.

Das Gottesjahr 1933, S. 102-108
© Bärenreiter-Verlag zu Kassel

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-02-12
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