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von Paul Girkon |
Wir haben den Himmel verloren. Oder vielmehr: nicht verloren, sondern fortgegeben und eingetauscht, wie man vor 50 Jahren aus vielen Kirchen die alten Flügelaltäre fortgab und gegen irgend einen Ersatz eintauschte. So haben wir, fast um dieselbe Zeit, den von den Vätern ererbten „Himmel” abgeschafft und dafür von der populären astronomischen Aufklärung einen „Weltraum” bezogen. Sehr seltsam ist dieser Vorgang von der Malerei um die Wende der Gotik zur Renaissance vorausverkündigt worden. Der gotische Meister malte den Himmel aus Gold. Er malte den sichtbaren Raum, der sich über den Bergen und Wäldern wölbte. Er sah, daß dieser Raum blau war, ebenso, wie wir es sehen. Aber er gab ihm die goldene Farbe, denn das goldene Leuchten ist die Herrlichkeit des Unsichtbaren, die Erscheinung des Übersinnlichen. Der gotische Meister malte den Weltraum als „Himmel”. Fast jäh erfolgte die Wendung und Wandlung: der Himmel wurde blau. Ein Altar der Wiesenkirche in Soest steht wie ein Markstein an dieser Wegwende der Zeiten, in der der Blick des Leibes und der Blick des Geistes in gleicher Weise verwandelt wurde. Die Innenseite des Altarschreines zeigt den goldenen Himmel. Die Außenseite den blauen Weltraum. Wir wollen dieser Wandlung ein wenig genauer nachsinnen, denn vielleicht gewinnen wir dadurch eine klare Sicht für die Stellung und Aufgabe des heutigen Menschen in seinem Verhältnis zum Himmel. Denn es ist uns deutlich, daß wir nicht mehr dort stehen, wo wir vielleicht noch vor dem Krieg gestanden haben. Wir versuchen mühsam, die alten Altäre aus den Museen wieder in die Kirchen hereinzuholen. In gleicher Weise können wir nun freilich mit dem „Himmel” nicht verfahren. Aber wir fühlen hier eine Aufgabe, und der Ersatz des Himmels durch den Weltraum ist uns fragwürdig geworden. Es gehört zum Urbestand aller Religionen, den Raum, der die Sonne und die Sterne trägt, als Heim des göttlichen Geheimnisses zu empfinden. Es ist im Wesen des „religiösen Aufblicks” begründet, den Eindruck des ungeheuren Weltgewölbes zum Himmelsmythus zu verdichten. Deshalb werden die Gewalten des Weltraumes zu Verkörperungen überirdischer Mächte. „Du machst Deine Engel zu Winden und deine Diener zu Feuerflammen”. Das aufdunkelnde Gewitter, die flammenden Blitze, die Sonne hinter den Wolken, der Azurglanz im zerreißenden Dunkel, dieses elementare Geschehen wird dem Seherblick des Propheten zur Erscheinung Jahwes über den Cherubim, daß er niederstürzt im Todesschrei der Gottschau: „weh mir, ich vergehe, denn meine Augen haben den Herrn gesehen”! Wenn Jahwe seinen Propheten heimholt, dann läßt er ihn im feurigen Wagen gen Himmel fahren: wiederum wird die Wettergewalt zur Erscheinung des Überirdischen. Das Geklüft im Unterirdischen ist die Todeswelt der Tiefe. Die Sternenhöhe aber ist die Stätte der oberen Welt. Und wie ein Übergang eingeschaltet zwischen beide Reiche die Erdenwelt, die Stätte der Menschen, die in seltsamen Widerstreit beidem zugehörig sind: der Todestiefe und der Himmelshöhe. Was Stephanus im Angesicht des Todes vor seinen Richtern bezeugt, als sein Gesicht wie eines Engels Antlitz wurde und sein inneres Auge den Menschensohn zur Rechten Gottes sah, das war wie ein Keim im enthusiastischen Aufblick eines jeden der Jünger verborgen. Denn sie hatten auf der Höhe des Berges den Aufstieg ihres Herrn gen Himmel gesehen, und der Engel dieser Gipfelstunde hatte ihnen die Verheißung gegeben: dieser Jesus wird wiederkommen, wie ihr ihn gesehen habt gen Himmel fahren. Und von dieser Stunde an war die ungeheure Wölbung des Weltraumes wie von Gewitterspannung erfüllt von der Spannung dieser emporgewandten Herzen, in denen Blitz um Blitz, die Visionen überirdischer Gesichte aufleuchteten. Was von Stephanus berichtet wird „wie er aber voll heiligen Geistes war, sah er auf gen Himmel”, bezeichnet die Himmelsschau der gesamten Urchristenheit: vor dieser Schau des Geistes war der blaue Himmel verwandelt in den goldenen Himmel. Die Fernrohre der Astronomen haben diesen goldenen Himmel wie durch eine optische Kanonade zertrümmert. Aber als dieses geschah, war das goldene Himmelreich im Volksbewußtsein nicht mehr das, was es dereinst für die eschatologische Spannung der ersten Gemeinden gewesen. Es hatte seine Kraft in den Herzen eingebüßt. Es war reif zum Untergang. Das Weltbild verwandelte sich. Als man die Kugelgestalt der Erde entdeckte und der Weltraum die Form einer unermeßlich großen Hohlkugel annahm, verloren die Begriffe von „oben” und „unten”, von Höhe und Tiefe, von Anfang und Ende ihren Sinn. Und als dann die Erde ihren Anspruch, Zentrum des Weltalls zu sein, nicht mehr aufrecht erhalten konnte, war der früheren Himmelsvorstellung jede gegenständliche Grundlage, jede anschauliche Wirklichkeit entzogen. Zugleich aber schloß die Geistigkeit und Innerlichkeit des evangelischen Bewußtseins mit der astronomischen Aufklärung ein seltsames Bündnis. Man entzog den Himmel dem Zugriff der Astronomen, indem man ihn nach innen verlegte. Ja, man dankte der Wissenschaft die Vernichtung „äußerlicher” Vorstellungsweisen, weil nun das „eigentliche” und „wahre” Wesen des Himmels Geltung gewann. Nun wurde ein neues Evangelium vom Himmel verkündigt: Die Stätte des Himmels ist nicht der Weltraum, sondern das Herz des erlösten Menschen. Das Heilandswort „das Reich Gottes ist inwendig in euch”, wurde durch ein neues Verständnis herausgestellt und nicht nur auf das irdische, sondern ebenso auf das himmlische Gottesreich bezogen. Die Entdeckung der Inwendigkeit des Himmelreiches ist fraglos eine Großtat des evangelischen Geistes. Aber diese Entwicklungsgeschichte der Himmelsvorstellung ist ja allgemein bekannt. Weshalb haben wir uns trotzdem ausdrücklich ihrer noch einmal erinnert? Weil sie uns heutige Menschen zu ganz andern Folgerungen zwingt als noch die Vorkriegsgeneration, und weil an diesen veränderten Folgerungen die Besonderheit unserer gegenwärtigen Situation deutlich wird. Uns ist es gar nicht mehr selbstverständlich, daß die Himmelsvorstellung der Urchristenheit „falsch” und die Himmelsvorstellung der Astronomie „richtig” ist. Denn wir wissen wieder, daß der Mythus des religiösen Aufblicks eine besondere Qualität, ein besonderes Wesensmerkmal des Weltraums erschaut und zum Ausdruck bringt, von dem die Denkweise und Forschungsmethode der astronomischen Betrachtung nichts wußte: die Symbolkraft des Raumes für den Geist. Für das moderne Denken ist neben den Begriff das S y m b o l getreten. Das Symbol wird nicht „gedacht” sondern „angeschaut”. Die Form des sinnenhaft Anschaulichen gilt dem heutigen Wirklichkeitsbewußtsein nicht mehr als unvollkommene Vorstufe zu der höheren Form gedanklicher Erkenntnis, sondern als eine besondere Weise, dem Geheimnis letzter Wesenheit des Wirklichen zu nahen. Die tiefsten und leidenschaftlichsten Gegensätze im geistigen Leben gründen nicht im Sachgehalt, sondern in einer falschen Verabsolutierung der Form. Wenn die Form an sich selber Geltung fordert, wird sie undurchsichtig für ihren Wesensgehalt und dadurch zur Fälschung. Und aus dieser Fälschung heraus erhebt sie den Anspruch auf alleinige Gültigkeit. Wenn aber die Form gänzlich transparent wird für ihren Inhalt und sich darin aus jeder Eigengültigkeit löst, dann wird sie ihre Verwandtschaft mit einer Fülle anderer Formen erweisen, die gleich ihr von gleichem Wesensgehalt Zeugnis geben. So sind Astronomie und Mythus nicht ausschließende Gegensätze, sondern Formen, in denen auf verschiedene Weise der gleiche Gehalt sich verkörpert: Das Geheimnis des R a u m e s . Wir können die gotischen Altäre in unsern Kirchen wieder aufstellen - aber wir können in unsern Herzen den Glauben an den goldenen Himmel nicht wieder aufbauen. Denn es gibt auf dem Weg des geistigen Lebens kein „zurück”. Das Wunder der Wiedergeburt aus dem Geist ist nicht Rückkehr zur vergangenen Kindhaftigkeit, sondern Schöpfung einer neuen Kindhaftigkeit. Deshalb ist uns heutigen Menschen die Aufgabe gesetzt, die Symbolkraft des Weltraums für die obere Welt, die Ausdrucks- und Verkörperungskraft des äußeren Himmels für den inneren Himmel in einer neuen Weise zu entdecken. Nur wenn uns diese Entdeckung gelingt, dürfen wir daran glauben, daß uns ein inwendig-geistiger Himmel im Jenseits des Herzens geschenkt ist. Denn wenn das Reich Gottes, das Friede und Freude im heiligen Geist ist, durch Gnade in uns gegründet ist, dann wird es unsere Sinne erleuchten und unserm Aufblick einen neu geöffneten Himmel zeigen, in dem sich die Herrlichkeit Gottes offenbart, in dem die Engel um den erhöhten Menschensohn auf und nieder schweben. Wer vom Gipfel eines Berges den Weltraum schaut, die Höhe, an der die Sonne leuchtet, die Tiefe, die Weite, die an der Schwelle des Horizontes nicht endet, sondern beginnt, der erfährt an seinem Schauen die Unendlichkeit des Raumes. Zwar sieht der Blick des Auges nur einen begrenzten, wenn auch ungeheuer großen Raum, der vom Gewölk und von der blauen Atmosphäre wie von Wänden umfangen wird. Und dennoch ist etwas in solchem Schauen, das sich mit dieser nüchternen Überlegung des Nachdenkens nicht zufrieden geben will. Und in der Tat, wenn sich die Augenachsen parallel stellen, wenn der Blick keinen bestimmten Gegenstand sondern nur das gänzlich Ferne, den Raum hinter allen Räumen aussucht, dann verwirklicht sich in diesem Schauen ein geistiges Sehen, das höchst paradox zugleich in das unendlich Ferne und in das unendlich Inwendige hineinschaut. Und dieses geistig-sinnenhafte Sehen empfindet den Raum als Entäußerung eines Geistes ist, wie ein gebauter Raum die leibhafte Wirklichkeit der schöpferischen Kraft des Künstlers ist, der ihn entworfen und gestaltet hat - so gibt sich der unendliche Raum dem Blick ins Grenzenlose zu erkennen als die Entäußerung des unendlich Inwendigen: des J e n s e i t s - I n n e n . Diese Betrachtungsweise ist eine Synthese von astronomischen und urchristlichem Weltbild. Denn alle Entdeckungen astronomischer Forschung vermögen sie nicht zu entwerten, sondern vielmehr nur zu bestätigen. Kürzlich ist ein Buch erschienen, das unter dem Titel „Der neu entdeckte Himmel” eine Fülle astronomischer Lichtbilder mit wenig Text und kurzen sachlichen Erläuterungen durch Zahlenangaben bringt. Dieses Buch wirkt in der Tat als Verkündigung einer neuen Entdeckung des Himmels. Die Astronomie wird zum M y t h u s . Die Höchststeigerung wissenschaftlicher Optik wächst über sich hinaus und wird - unbewußt und ungewollt und gerade deshalb mit einer erschütternden Kraft des Vollbringens - zur magischen Beschwörung des Raumgeistes. Denn das Geheimnis des Raumes wird Erscheinung in diesen Lichtbildern, denen die Verkleinerung nicht soviel von ihrer inneren kosmischen Größe zu nehmen vermag, daß nicht der aufgeschreckte Blick unmittelbar berührt würde vom Mysterium des Allraums. Und hier nun erweist sich die Entgottung des Weltraums durch eine vorschnelle Forschung als Kinderkrankheit eines unvollkommenen und unzulänglichen Stadiums der Wissenschaft. Je mehr die astronomische Forschung ihre Ergebnisse steigert, desto deutlicher erweist sich ihr Werk als Material für einen neuen Mythus, der als Aufgabe moderner Christusgläubigkeit in das Bewußtsein des heutigen Menschen tritt. Zugleich aber wird in diesen Lichtbildern kosmischer Gestaltungen eine höchst paradoxe Tatsache erstaunlich deutlich: wir sehen hier Formgebilde von Größenmaßen, die wir zahlenmäßig berechnen können, die aber in keiner Weise mehr vorstellbar sind und jedes Maßstabes spotten. Solche Zahlen erwecken nicht mehr eine innere Anschauung, sondern nur einen Rausche des Dimensionsgefühls. Und doch sind gerade diese unvorstellbar großen Gebilde von ihrem äußeren Maß fast völlig unabhängig. Wenn ihre Gesamtgestalt im Lichtbild verkleinert zu sinnenhafter Anschauung wird, dann bemächtigt sich dieses sinnenhafte Anschauungsbild mit magischer Macht des geistigen Blickes und erfüllt ihn mit dem Schauer des „panischen” Schrecks, mit dem Allgefühl, das sich wie ein Tod des schauenden Geistes bemächtigt. Unter den äußerlich großen und den äußerlich kleinen Formen gibt es Gebilde, denen die Macht gegeben ist, das Allgefühl zu erwecken: die Windwehen im Sand und im Schnee, deren innere Größe nicht selten gewaltiger ist, als der zackige Umriß eines Hochgebirges im Himmel; Wolken und Meereswogen, das Zittern der Atmosphäre im Sonnenglast, die Ornamente, die aus verwitterndem Holz entstehen, gestaltet vom Todesprozeß der Berührung mit den Mächten des Raumes. Solchen und ähnlichen Formgebilden ist es eigentümlich, daß die innere Größe der Form unabhängig ist von ihrem äußeren Maß. In der Endlichkeit und Begrenztheit ihrer Gestaltung wird das Unendliche mächtig. Dieses Unendliche ist aber nicht mehr meßbarer Raum: gerade das Meßbare, das äußerlich Ausgedehnte ist das Unwesentliche. Sondern die Unendlichkeit des äußerlich Raumhaften wird hier gänzlich zur Entäußerung des R a u m g e i s t e s , des Raumgeheimnisses. Deshalb gehören die Sterne zum Himmel. Und deshalb gibt es Formgebilde auf Erden, deren Heimat die Sterne im Himmel sind. Aber wir können uns die Situation des heutigen Menschen in seiner Stellung zum Weltraum nicht verdeutlichen, ohne eine Frage zu stellen: aber die Technik...? Gewiß, die Sternensphäre wird noch lange unzugänglich bleiben. Aber die Stratosphäre ist bereits bezwungen, und das Raumschiff ist nicht mehr ein phantastischer Traum der Dichter, sondern ein Problem der Ingenieure. Die Räume der Wolken und Stürme haben ihre Unzugänglichkeit eingebüßt. Wird dadurch nicht die Symbolkraft des Raumes für das Jenseitige, für die „andere” Welt vermindert? Aber das Wesen technischen Erfindens und Gestaltens hat in der Gegenwart eine große Verwandlung erfahren. Der Ingenieur will nicht mehr durch seine Konstruktionen die Elemente „beherrschen”. Der Impuls seiner Arbeit ist nicht mehr der Machtwille, sondern der Wille, sich dem Geheimnis des Elementes zu einen und diese Einigung konstruktiv zu verwirklichen. Dadurch gewinnt die Maschine den Charakter potenzierter Leibhaftigkeit des Menschen und potenzierter Geisthaftigkeit des Elements. Beim Fahrzeug: dem Automobil, dem Luftschiff, der Flugmaschine, wird dieser Charakter gesteigerter Befähigung des Menschenleibes besonders deutlich. Diese Steigerung menschlicher Leibhaftigkeit wird nun völlig verkannt, wenn man sie als potenzierten Materialismus, als erhöhte Bindung an das Diesseitige deutet. Es gehört zu den Zeichen, unter denen die Bildung einer neuen Geistesweise sich vollzieht, daß wir heutigen Menschen unsern Leib nicht mehr als das Gefängnis betrachten, das uns auf der Erde festhält, als die Stätte der Verbannung, in der unser Geist heimatlos sein muß. Hier aber ist der Ort, um auf die bedrohliche Zweideutigkeit aller Symbolgestaltung hinzuweisen, die in ihrer ganzen Paradoxie in dem Wort „Entäußerung” enthalten ist. Wenn der Weltraum die „Entäußerung”, d. h. die äußere Gestalt und Erscheinung des geistigen Himmelreichs ist, dann ist er zugleich die Wirklichkeit und - die gänzliche Selbstentfremdung und Selbstentzweiung der Gotteswelt. Wer im Flugzeug in die Region der Wolken und Stürme emporsteigt, empfindet vor allem wohl die Todesmacht des Raumes, den eisigen Atem seiner Dämonie. Der Raum ist der schöpferische Urschoß alles Werdens, ob es ihm als Stern oder als Menschenleben entspringt. Aber er ist auch zugleich das Grab und die Todestiefe alles Werdens, das unter dem Schicksal und Gericht der Vergänglichkeit steht. Hier aber wird die Erfüllung und Vollendung der Auferstehung Jesu Christi in seinem Aufstieg gen Himmel von neuem entscheidend bedeutsam für das Weltraumerlebnis des Christen. Christus der Herr des Himmels, der Herr der Unendlichkeit, der Herr über Leben und Tod, über Werden und Vergehen, der uns erlöst von der Macht des Todes und der Dämonen! Wenn wir den Weltraum als die Selbstentäußerung seines Reiches erleben, dann wird der Todesschauer vor den Dämonien des Raumes und zwar nicht genommen - aber er wird verwandelt. Die Raumangst, die Angst vor der Todesmacht des Unendlichen, verwandelt sich in den Todesschauer vor der Gegenwart des heiligen, vor der allumfangenden Nachbarschaft des unendlichen Gottes. Auch das christliche Gotteserlebnis, das sich geborgen weiß unter den Flügeln des barmherzigen Vaters, soll durchbebt sein von diesem Todesschauer. Denn nur wenn Gottes Liebe zugleich als Gottes Heiligkeit erlebt wird, wird sie wahrhaft erlebt. Deshalb ist es auch unerträglich, wenn der Raum, der von Menschenhand als Bausymbol der göttlichen Gegenwart in seinem heiligen Tempel gestaltet wird, die Gemeinde mit „Behaglichkeit” und „Gemütlichkeit” umfängt und den Todesatem des göttlichen Geistes verleugnet. Wenn uns heutigen Menschen der Himmel des Geistes im Herzen aufs neue den Himmel über unsern Häuptern auftut, daß wir im Weltraum das Reich des Menschensohnes schauen, dann wird dieser neue Aufblick wiederum zur Spannung auf den Tag dessen werden, der das A und das O, der Anfang und das Ende ist. Urgrund und Urziel unseres innersten Wesens sind geeint im Wesen dessen, der uns die Fülle der Liebe des Vaters offenbart. Vergangenheit und Zukunft sind die zeitlichen Formen, in denen Grund und Ziel unseres Wesens uns deutlich werden. Wir heben unsere Augen auf gen Himmel: und der Blick des Geistes schaut in unendliche Fernen der Vergangenheit zum Anfang der Tage, als Gottes Geist über den Wassern schwebte und Himmel und Erde erschuf. Wir schauen empor in den unendlichen Raum: und der Blick des Geistes schaut in unendliche Fernen der Zukunft, das Ende der Tage, den Tag des Menschensohns, an dem die Vollendung der Erlösung Himmel und Erde erneut und die Gottesstadt von den Engeln vom Himmel auf die Erde hernieder getragen wird. Das Gottesjahr 1932, S. 91-99 © Bärenreiter-Verlag zu Kassel |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 12-10-15 |